Sexismus in Liedtexten ist ein Thema seit Texte zu Liedern geschrieben wurden. Nur nannte man es früher nicht bei diesem Namen. Zur Zeit ist das Thema mal wieder aktuell, allerdings auf einer ganz anderen Ebene. Waren es früher einzelne Moralisten, die sich über Texte empört haben, findet die Auseinandersetzung heute eher auf einer ideologischen Ebene statt.

Zu den Songs, die hier besprochen werden, gibt es eine Playlist:  Ist das Sexismus?

In den Siebzigern

Anfang der Siebziger veröffentlichte die Band Led Zeppelin den Song “Whole Lotta Love“. Dort heißt es unter anderem unter anderem:

 „Shake for me girl. I wanna be your Backdoor man“ (4:02), 

gefolgt von allerlei merkwürdigen Geräuschen. Ist das nun eine direkte Aufforderung zum Analverkehr (Backdoor Man!) oder will der Sänger ganz einfach nur durch die hintere Haustür in das Haus gelangen, weil an der Vordertür der Vater Wache hält, um den ziemlich erregten Robert Plant schon vor der Haustür abzufangen?

Ebenfalls aus den Siebzigern stammt der Song „The Hunter“, am bekanntesten wohl in der Version der Gruppe „Free“. Die ersten Textzeilen: 

„They call me the hunter

That’s my name

A pretty little woman like you

Is my only game“

Der Sänger gibt hier eindeutig zum Ausdruck dass er nicht an einer längeren gleichberechtigten Beziehung zu dieser Frau interessiert ist, sonder nur mit ihr spielen will. Und er will sicher nicht Mau Mau oder Phase 10 spielen. Darf der das? Oder ist das schon Sexismus?  

Das Original ist von Freddie King und Booker T. And the MG’s

Weiter geht’s mit Frank Zappa und „Bobby Brown“. Ein Textauszug:

„My car is fast, my teeth are shiny, I tell all the girls they can kiss my hiney“

Was ist der „Hiney“? Umgangssprachlich bedeutet es Hintern oder Arsch. So hat diese Textzeile 2 Bedeutungen: 1. Ich sage allen Mädchen sie können mich am Po küssen oder 2. Alle Mädchen können mich mal, .. Warum alle Mädchen das können, wird im weiteren Verlauf des Songs erklärt.

Dieser Song von Frank Zappa ist eine Satire auf den amerikanischen Lifestyle und dessen Verlogenheit und läuft auf den Radiostationen unter Kunst. Aber darf er deshalb diese Worte und diese Formulierungen benutzen? Oder geht das schon zu weit, …

Als letzte Song in dieser kurzen Auflistung sehen wir uns Muddy Waters’ „Mannish Boy“ an. Das Lied trotzt nur so von viriler Männlichkeit: 

“I’m a full grown man/I’m a man/I’m a natural born lovers man/I’m a man/I’m a rollin’ stone/I’m a man/I’m a hoochie coochie man.

Und :

When I make love to a woman,/She can’t resist/I can make love to you woman,/In five minutes time”

Und Johnny Cocheroo ist auch dabei, …

Darf der Muddy Waters so von sich überzeugt sein, oder sind diese Aussagen schon bedrohlich für „Frau“? 

Aufgenommen wurde die Originalversion 1955, aber vor ungefähr 30 Jahren Jahre erlangte Mannish Boy in einer Neuaufnahme noch einmal Berühmtheit als Begleitmusik in einem Werbespot für eine bekannte Jeansmarke mit Knopfleiste.  In dieser Version spielt Muddy Waters zusammen mit Johnny Winter. Den hört man auch im Hintergrund ekstatische Geräusche von sich gebend.Im Werbespot selbst spielen eine weiße Unterhose, ein Kühlschrank und ein Mann als Sexobjekt eine wichtige Rolle.

Wenn jemand wissen will, was die Essenz von Blues und Rock’n Roll ist, … Mannish Boy ist ein gutes Beispiel.

 Deutsche Texte

Aber widmen wir uns einigen deutschen Kanditen für die Frage: „Ist das Sexismus?“

Da gab es die 3 Besoffskis mit „Wir Fahr’n in Puff nach Barcelona“ aus ganz alten Ballermann Zeiten, als es diesen Ballermann noch gar nicht gab.

Textprobe gefällig:

 „Wir bumsen hier, wir bumsen da
Wir bumsen hier, wir bumsen da
Tausend nackte Weiber
auf dem Männerpissoir“ 

Oder

„Im Puff von Barcelona
Da bumsen wir uns fit
Wer hat noch Lust, wer will noch mal
Wir nehmen jeden mit“

Ein völlig singbefreiter Text, aber damals genügten schon ein paar „böse Worte“ um für Empörung zu sorgen, ja, und empörte Moralisten gab es damals auch schon, nur waren sie nicht organisiert.

Etwas neuer ist der „Skandal im Sperrbezirk“ von der Spider Murphy Gang. Es geht um Rosi.

„Und draußen im Hotel L’Amour/Langweilen sich die Damen nur/Weil jeder, den die Sehnsucht quält/Ganz einfach Rosis Nummer wählt“

Ist das schon Verharmlosung oder gar Förderung der Prostitution? 

Aber wählen wird doch einfach mal Rosis Nummer: 

Rosi ist wohl nicht mehr aktiv.

Und dann gibt es da ja noch die „Annemarie“, ein Lied der Gruppe Extrabreit:

„Annemarie, du bist blond wie Bier, Annemarie bitte fick mit mir“

Das ist eine klare Frage, aber sicher kein Sexismus.

Der Deutsche Schlager

Anders sieht es in der deutschen Schlagerwelt aus, wo der Sexismus tatsächlich in eingängigen Melodien daherkommt. Ein paar gute Beispiele gibt es hier:

Beim Lesen und Hören dieser Texte wird mir übel. Deshalb gibt es dazu auch keine Playlist.

Bei der Beurteilung von Texten mit eindeutigem Inhalt fällt auf, dass sich in der Art des Urteils in den letzten Jahren etwas geändert hat. Eine Meinung ist heute oft nicht einfach nur eine Meinung, der Andersdenkende wird ganz schnell mit einem -ismus oder einer -phobie belegt. Die eigene Meinung wird zu einer allgemein geltenden Moral erhoben und der, der diese Meinung nicht teilt, als Gegner angesehen, den es zu bekämpfen gilt und in seinem persönlichen, menschlichen Wert herab zu setzten. Und das nicht nur im Urteil über Musiktexte.

P.S. Zum Schluß noch ein kurzer Ausflug zu der  „Sea of Love“ von Phil Phillips, erschienen Ende der 50er.

„Come with me, my love, to the sea, the sea of love. I wanna tell you, just how much I love you.“

Klingt erst einmal harmlos, aber was ist diese See der Liebe wirklich? Der Song vermittelt eine durchaus dunkle Atmosphäre. Was lauert dort, in der „Sea of Love“?

Eine gewisse Berühmtheit erlangte „Sea of love“ durch den Film The Big Easy – Der große Leichtsinn  mit Ellen Barkin und Dennis Quaid. Das Lied wird immer dann gespielt, wenn, …  und das sicher nicht ohne Grund.

Die Playlist zum Blogbeitrag

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